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Unerlaubte Hilfsmittel im (Jugend) Sport

Unerlaubte Hilfsmittel im (Jugend) Sport

Jugendliche nehmen vermehrt Nikotinbeutel – ein Problem auch für den Sport?

Wie in den letzten Tagen vielfach publiziert, nimmt die Nikotinsucht in Österreich vor allem bei Jugendlichen wieder zu. Aber es ist nicht das Rauchen, sondern zumeist die "trockene" Variante mit gefährlichen Nikotinbeuteln, die besonders jungen Menschen nicht nur in ihrer Entwicklung eindeutig Schaden zufügt, sondern auch ein nachhaltiges Suchtverhalten auslösen kann. Dies ist viel zu wenig bekannt oder wird verharmlost. Aufgrund der Aktualität lud die ASKÖ mit Präsident Hermann Krist zu einer Pressekonferenz mit hochrangigen Experten: Dr. Christiane Loinig-Velik, medizinische Leiterin des Olympiazentrums Klagenfurt, Ex-Ruder-Weltmeister und Zahnarzt Dr. Christoph Schmölzer sowie Martin Scherb, Leiter der Talenteförderung im Österreichischen Fußball-Bund.

"Die ASKÖ ist im Leistungs- und auch im Gesundheitssport unterwegs, ebenso in der Prävention. Unser Ziel ist es, dass Sport in erster Linie die Gesundheit der Sportler:innen stärkt, wir haben Projekte im Gesundheitsbereich mit der Sozialversicherung. Daher ist es uns ein Anliegen, auf gefährliche Entwicklungen wie die steigende Bereitschaft von Jugendlichen, Nikotin in neuen Formen wie mit Nikotinbeuteln zu konsumieren, hinzuweisen", erklärt ASKÖ Präsident Hermann Krist. Und weiters: "Der Sport-Dachverband ASKÖ (ca. 4.400 Mitgliedsvereine mit etwa 1 Mio. Mitgliedschaften) setzt sich seit jeher für fairen und ehrlichen Sport ein, der ohne unerlaubte und/oder leistungssteigernde Mittel abläuft. Prävention und die Förderung der Gesundheit ist zudem ganz besonders im Nachwuchssport im Sinne der Kinder und Jugendlichen wichtig. Trotz vieler sehr guter Initiativen und vieler Unterlagen, er erwähnte unter anderem den Österreichischen Fußball-Bund, die Österreichische Gesundheitskasse und einige andere, ist dieses schwierige Thema noch viel zu wenig bei den Sportvereinen, Trainerinnen und Trainern, aber auch bei Pädagoginnen und Pädagogen in den Schulen angekommen." Der ASKÖ Vorsitzende appellierte auch an die Politik, zu handeln. "Der Schwerpunkt liegt für mich beim Gesundheits- und Bildungsminister, aber wir brauchen dazu auch den Sportminister." Es gilt auch oder gerade im Sport ein umfassendes Bewusstsein für die Bedeutung des Themas zu schärfen.

Dr. Christiane Loinig-Velik, MSc, medizinische Leiterin im Olympia Zentrum Kärnten, berichtete über die medizinischen Aspekte und Gefahren der Nikotinbeutel bzw. von Snus. Beides werde oft verwechselt, Nikotinbeutel enthalten nur Nikotin, Snus hingegen enthält einen Tabakzusatz. Snus darf man nur in Schweden verkaufen, im Rest von Europa ist der Verkauf im Handel verboten, weil es dem Tabakgesetz unterliegt. Bei den Nikotinbeuteln müssen die Inhaltsstoffe nicht klar deklariert werden, die Dosis ist oft nicht nachvollziehbar. "Es wäre zu überlegen, Nikotin ins Tabakgesetz aufzunehmen. Laut einem Bericht wurden 2022 in Österreich 90 Millionen Euro Umsatz mit Nikotinbeuteln gemacht. In den USA sind die Verkaufszahlen von 2016 bis 2021 um das 300-fache angestiegen. Männer konsumieren diese Nikotinbeutel öfter als Frauen, das Thema ist aber auch bei Erwachsenen aktuell, weil es subtil konsumierbar ist. Es betrifft also nicht nur die Jugend", erklärt Loinig-Velik. Die Medizinerin würde es toll finden, wenn das Thema auch in die Trainerausbildung eingebracht werde.

DDr. Christoph Schmölzer, FA für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und 4-facher Ruderweltmeister, nahm als Vertreter der Zahnmedizin zu diesem - seines Erachtens nach stark unterschätzten - Themas Stellung. Nikotin hat ein sehr hohes Suchtpotenzial, unterstützt aber auch die Entwicklung von Diabetes Typ II. Weitere Inhaltsstoffe sind Nitrosamine, das sind die krebserregenden Stoffe in diesen Produkten, Formaldehyd und - zwar nur in Spuren, aber trotzdem – die Schwermetalle Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen. Die heftigste Wirkung dieser Inhaltsstoffe ist natürlich Krebs. Hier ist v.a. der Mundbereich betroffen. "Der Mundbereich ist die einzige Applikationsstelle für diese Beutelpräparate, es ist aber auch die erste Verbreitungsstelle für die Inhaltsstoffe. Die ist zum einen lokal bedingt und zum anderen werden das Nikotin und die Inhaltsstoffe enorm schnell über die Mundschleimhaut aufgenommen und in alle Regionen des Körpers verteilt."

Das Thema Nikotinbeutel beschäftigt auch den Österreichischen Fußball-Bund seit geraumer Zeit. Der Fachverband verfolge zwei Ansätze, erklärte Martin Scherb, Leiter der ÖFB Talenteförderung und Trainer des U16-Nationalteams. "Wir haben hier eine komplette Nulltoleranz und Verbotspolitik, d.h. wer mit Nikotinbeuteln oder ähnlichem erwischt wird, fliegt aus dem Lehrgang. Auf der anderen Seite setzen wir auf Aufklärung. Wir haben Präsentationen erarbeitet, die an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst werden und wollen die Spieler bereits in sehr jungen Jahren sensibilisieren." Es ist ein ausgeglichenes Match, meint Scherb, auf die Frage, ob man das Match mit der Aufklärungspolitik im ÖFB gewinnen kann. Einen Tipp für alle Trainerkolleginnen und -kollegen habe er noch: "Je mehr Wertschätzung ihr euren Spielerinnen und Spielern entgegen bringt, desto weniger werden sie zu verbotenen Mitteln greifen."

"Wir wollen einen sauberen Sport, einen ehrlichen Sport und einen fairen Wettkampf. Da haben all diese Dinge keinen Platz! Und auch in der Trainerausbildung muss das Thema einen Platz finden. Wir werden uns in den Dienst der Sache stellen, denn man kann nicht früh genug beginnen, Jugendliche, Eltern, Pädagogen und Pädagoginnen, Trainer:innen und Vereinsverantwortliche umfassend aufzuklären und zu unterstützen. Die ASKÖ reiht sich ab heute ein in diese Aufklärung, wir werden einige Aktivitäten starten!" so Krist abschließend, der sich bei den Experten für die kompetenten Beiträge, beim ORF Sport für die Möglichkeit der Übertragung und den weiteren anwesenden Medien für das Interesse bedankte.

ASKÖ Infofolder zu Nikotinbeuteln

07.06.2023, 08:36 Uhr

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